Als weiterhin größter Autohersteller im Bereich der NEVs (New Energy Vehicles) hat BYD Automobile große Ambitionen sich in eine Riege mit Toyota oder Volkswagen zu stellen. Mit knapp über 750.000 Einheiten die BYD Automobile fast ausschließlich im NEV Bereich in China in 2021 verkauft hat, setzt man ein weiteres Ausrufezeichen – denn mit diesen Stückzahlen hat man die beiden noch aktuellen Weltmarktführer bereits deutlich abgehängt. Daraus ergeben sich Ambitionen für weiteres Wachstum und eine komplett überarbeitete Unternehmensstruktur von BYD Auto, die im Laufe des Jahres 2022 final vollzogen werden soll.
BYDs Neuordnung
Im Februar 2021 nahm BYD Auto grundlegende Anpassung seiner Organisationsstruktur vor und teilte seine ursprünglich einheitliche Vertriebsstrategie in vier zu diesem Zeitpunkt geplante Markenbereiche auf. Neben der bekannten Dynasty Linie, kreierte man den neuen Bereich Ocean (vormals e-Net). Dazu kommt das Joint Venture Denza und die Vorbereitung einer neuen Marke im High-End Bereich. Dynasty und Ocean bedienen dabei den Massenmarkt, die neue High-End-Marke, die in der ersten Hälfte diesen Jahres an den Start gehen soll, wird in Konkurrenz zu Tesla, Audi und Mercedes treten. Das Joint Venture mit Daimler, Denza Motors schließlich, an dem BYD Automobile zwischenzeitlich 90 % der Anteile hält, wird für das Flottengeschäft im Bereich Taxi und CarSharing ausgerichtet. Das Vertriebsnetz und die Produkte dieser vier Serien sollen nach Insider Informationen alle Arten von Modellen abdecken und sich zukünftig ausschließlich im Bereich von New Energy Vehicle weiterentwickeln.
Top Down oder Bottom Up
Im Gegensatz zu Teslas Top-Down Strategie setzt BYD Automobile komplett auf eine Bottom-Up Strategie. Wie Tesla will auch BYD eine neues Schwergewicht im Bereich von Autos mit alternativen Antrieben werden und sich in einem Massenmarkt gegen Volkswagen oder Toyota zu positionieren. BYD Automobile schlägt einen anderen Weg ein: Um sich einen guten Ruf bei chinesischen Autokäufern zu erwerben, setzt man auf qualitativ hochwertige und bezahlbare Autos. Das Unternehmen definiert seinen Markt eindeutig in einer Preisklasse für Elektroautos, die für alle Kunden in China erreichbar sind. Wobei man zwischenzeitlich auf eine Zweiserien Strategie setzt, die mit der Dynasty Serie im Mittelklasse Bereich angesiedelt ist und mit der neuen Ocean Serie im Bereich einer jüngeren und nicht so zahlungskräftigen Zielgruppe.
BYD Dynasty- und Ocean Serie
BYD Dynasty ist die zwischenzeitlich bekannte Markenserie die Fahrzeuge bisher in allen Segmenten und mit allen Antriebsarten anbietet. Dahinter verbergen sich die fünf Modelle mit den Namen Qin, Han, Tang, Song und Yuan, die im Moment noch jeweils als Verbrenner, Plug-In Hybrid und als reines Elektroauto angeboten werden. Vom Angebot des Verbrenners wird sich BYD Auto aber in 2022 verabschieden und die Fahrzeuge der Dynasty Serie nur noch als Plug-In Hybrid oder reines Elektroauto zukünftig anbieten. Mit Ocean will BYD nun ausschließlich Elektroautos verkaufen, dazu gehört unter anderem der neue BYD Dolphin, der seit dem Q4/2021 in China am Markt ist und im letzten Quartal bereits mehr als 29.000 Einheiten absetzen konnte.
Das Dynasty Flaggschiff
Allerdings ist im Moment die Dynasty Serie noch das Flaggschiff und hier insbesondere der BYD Han EV, der sich mit rund 79.000 verkauften Einheiten wieder in die Top 5 der meistverkauften Elektroautos im Jahr 2021 in China platzieren konnte. Insgesamt entfallen auf Fahrzeuge der Dynasty Serie rund 2/3 aller Verkäufe die BYD Automobile in 2021 erzielt hat. Die neue Ocean Serie befindet sich tatsächlich im Aufbau und konnte im Absatz in 2021 nur rund 8% beisteuern. Wobei davon alleine rund 40% durch das neue und in der SUV Kompaktklasse angesiedelte Elektroauto BYD Dolphin realisiert wurden.
Elektroautos für den Massenmarkt
Egal ob Dynasty oder Ocean, die Zielsetzung von BYD Automobile ist mit beiden Serien Elektroautos in China und anderen Märkten anzubieten, die unter 300.000 RMB (also umgerechnet unter 40.000 EUR) für den Käufer kosten. Die nach der Guangzhou Auto Show im vergangenen Jahr erfolgte Umbenennung von BYD E-Net zu Ocean soll dabei nochmals einen Schub insbesondere im Bereich von preissensitiven Elektroautos erzeugen. Mit der Markenlinie Ocean wird BYD erhebliche Investitionen in der Zukunft tätigen, um das Produktportfolio von Elektroautos in einer Preisklassen von unter 150.000 RMB (also umgerechnet unter 20.000 EUR) deutlich anzukurbeln. Zudem wird die Produktpositionierung der Ocean Serie eindeutig an einer jüngeren Käuferzielgruppe ausgerichtet sein, die keine Autos mit Verbrenner mehr kaufen werden und in die chinesischen Metropolen drängen. Die Benennung der Serie mit dem Namen Ocean zielt übrigens darauf ab, dass alle Fahrzeuge Namen von Meereslebewesen erhalten werden und der BYD Dolphin (Delfin) der erste Vertreter dieser ist.
Denza und Daimler
Am 24. Dezember des letzten Jahres fügten BYD Automobile und Daimler dem Joint Venture Denza 1 Milliarde RMB in einem Verhältnis von 50:50 hinzu. Am selben Tag unterzeichneten BYD und Daimler einen Eigenkapitalübertragungsvertrag zur Anpassung der Eigenkapitalstruktur von Denza, die voraussichtlich bis Mitte 2022 komplett abgeschlossen sein wird. Nach Abschluss der Kapitalübertragung wird BYD 90 % der Anteile von Denza halten, während die Beteiligung von Daimler final auf 10 % sinken wird. Es ist allen Beobachtern klar, dass sich Daimler mit diesem Schritt aus dem gemeinsamen Joint Venture mit BYD Auto mehr oder weniger freigekauft hat und als Minderheitsgesellschafter ggf. nur noch von Kapitalerträgen profitieren möchte. Einen ähnlichen Weg sind die Stuttgarter ja bereits bei Ihrem Deal mit Geely und Smart eingegangen. Auch hier hat Geely zwischenzeitlich den Hut auf und Daimler ist hier zwar etwas mehr engagiert aber letztendlich partizipiert der Konzern in der Hauptsache wenn dann Verkaufserfolge des zukünftigen Smart eingefahren werden. Nach Abschluss der Kapitalübertragung wird das erste neue Modell von Denza Motors übrigens ein MPV (Multi Passsenger Vehicle) sein. Dieses soll noch in diesem Jahr auf den Markt kommen und ist ein klarer Fingerzeig auf die Strategie die es nun für Denza gibt – nämlich sich gezielt im Flottengeschäft mit Elektroautos für Taxi- und/oder Carsharing Anbietern zu positionieren.
BYD High-End Marke im Anflug
Nach Aussagen von Li Yunfei dem General Manager der Automarken- und PR-Abteilung von BYD, baut BYD Automobile an einer neuen High-End-Marke, die als vierte Markenlinie in diesem Jahr an den Start gehen soll. Ein offizieller Name für die neue Markenlinie wurde noch nicht kommuniziert, allerdings machte Li Yunfei erst kürzlich bei einem Pressegespräch deutlich, dass diese Marke unabhängig sein wird und ein eigenes Vertriebsnetz bekommen wird. Zudem gab er im Rahmen dieses Gespräches bekannt, dass die Verkaufspreise dieser Fahrzeuge sich in Bereichen von 500.000 bis zu 1 Million RMB bewegen werden und damit eindeutig gegen High-End Elektroautos deutscher, amerikanischer wie auch chinesischer Hersteller antreten sollen. Als erstes Fahrzeug soll ein großes SUV Modell mit elektrischen Antrieb und großer Reichweite an den Start gehen. Es wird davon ausgegangen, dass BYD hier auch eine neue Batterie Technologie vorstellen wird, um sich vor allen anderen Konkurrenten und deren Aussagen was Reichweiten angeht dann direkt in Konkurrenz stellen kann.
BYD als Batterielieferant
Es wurde ja schon in diversen Foren und Websites kolportiert, BYD hat einen Kooperationsvertrag mit Tesla für die Lieferung von Batterietechnologie abgeschlossen. Damit ist Tesla der erste nicht chinesische Autohersteller der von BYD mit Akkus für Elektroautos beliefert wird. Das Ziel von Tesla scheint dabei klar, es geht darum Zugriff auf Batterien zu bekommen die bei gleicher oder geringerer Baugröße deutlich höhere Reichweiten anbieten. Die Diskussionen über die sogenannten 4680 Zellen die Panasonic für Tesla zukünftig bauen wird stehen ja im Moment in Foren und vielen Youtube Kanälen im Vordergrund. Dabei scheint der Deal mit BYD durchaus von größerem Interesse zu sein, insbesondere mit dem Zugriff auf die Blade Technologie, die BYD im letzten Jahr vorgestellt hatte. Das BYD Batterie kann ist ja durchaus kein Geheimnis und das der Ansatz mit der Blade Technologie insbesondere für Elektroautos im mittleren und unteren Preissegment ein Thema was Reichweite angeht ist, gegebenenfalls auch nicht. Wer es noch nicht mitbekommen hat, die Blade Batterie basiert ebenfalls auf der günstigen LFP Technologie, allerdings mit einer anderen Bauform und einer höheren Energiedichte durch eine spezifische Kühlung der Zellen. Damit ist es möglich, auf einer deutlich geringerer Fläche Batteriekapazitäten von bis zu 70 kWh und damit mit einem geringerem Preis für das Akkupack anbieten zu können. Was zukünftig sich in einem preissensitiven Segment für Elektroautos durchaus als Killer Kaufargument entwickeln könnte. Die Spekulationen zu einem neuen Lowcost Model Q von Tesla sind ja bereits im vollen Gange.