Li Shufu gehört zwischenzeitlich zu den reichsten Persönlichkeiten Chinas und ist einer der Global Player der chinesischen Autoindustrie. Als Eigentümer von Geely sowie den nun zum Geely Konzern gehörenden Marken Volvo, London Taxi, Lynk & Co., Lotus Cars – sowie 50% Beteiligungen an Proton Motors und Smart ist Li Shufu ein wahrer Auto Tycoon.
Wir wollen heute die Geschichte von Li Shufu erzählen und ein wenig zurück blicken in die Anfänge. Ist er einer größeren Öffentlichkeit in Europa erst durch seinen Deal als größter Aktionär bei Daimler ein Begriff geworden, so hatte der Geely Gründer in China schon länger sich nachhaltig einen Namen gemacht.
Wie alles anfing
Nach dem Abschluss der Yanshan Universität in Qinhuangdao, in der Hebei-Provinz in China im Jahr 1982 kam der Maschinenbauingenieur auf die Idee sich eine Seagull Kamera zu kaufen und Touristen an malerischen Orten zu fotografieren. In China hielt sich lange der Glaube, dass Li Shufu eigentlich durch die Herstellung von Kühlschränken sein Vermögen begründet hat – aber diese Annahme hat sich als falsch herausgestellt. Mit seinen ersten Gewinnen aus den Touristenfotos eröffnete er ein eigenes Fotofachgeschäft, das ihm erste ansehnliche Gewinne einbrachte. Nach ein paar Jahren hatte er seine erste Million in RMB verdient oder den Bai Wan gemacht, wie es die Chinesen sagen.
Zuerst Fotograf dann Kühlschrankhersteller
1984 kam Li Shufu dann die Idee Kühlschrankteile herzustellen. In der damaligen Zeit war der Besitz eines Kühlschranks ein wesentliches Merkmal für persönlichen Reichtum in China. Er investierte also das durch das Fotogeschäft erzielte Kapital und begann Ende 1984 zusätzlich mit der Herstellung von Kühlschrankteilen. Im Jahr 1987 schließlich stellte Li Shufu unter der Marke „Arctic“ seine eigenen Kühlschränke her. Mit Kühlschränken konnte er so in den folgenden Jahren rund 500 Millionen RMB verdienen (40 Millionen Euro aus heutiger Sicht) und einen ersten wesentlichen Grundstein für die weitere Entwicklung seiner Unternehmungen legen.
Motorroller statt Autos
Im Jahr 1989 gab es dann den ersten Rückschlag, die Zentralregierung in Peking begann Produktionslizenzen für alle möglichen Industriezweige zu vergeben. Leider wurde die Firma Arctic bei der Vergabe der Lizenzen nicht berücksichtigt und so musste Li Shufu die Kühlschrankproduktion im Jahr 1990 einstellen. Im Jahr 1991 gründete er dann zusammen mit seinem Bruder Li Xubing eine Fabrik für die Herstellung von Aluminium Präzisionsplatten. Diese Fabrik exisitiert heute noch als Bestandteil der Geely Group. Im Jahr 1993 kam Li Shufu dann als glühender Fan von Mercedes-Benz auf die Idee Autos zu bauen. Allerdings waren seine ersten Bemühungen eine Produktionslizenz dafür zu erhalten erfolglos. So verlegte er sich im Jahr 1993 darauf Motorroller zu produzieren und diese in ganz China anzubieten.
Der erste Geely war ein Mercedes
Da Motorroller zu dieser Zeit das Fortbewegungsmittel in China war, dass sich neben dem Fahrrad die breite Masse noch leisten konnte, florierte das Motorradgeschäft schnell. Angespornt von diesem Erfolg beschloss er dann, sich nochmals dem Thema Automobilproduktion zu widmen. Mitte der 90ziger Jahre war allerdings der Automobilsektor noch zu 100% unter der Kontrolle der chinesischen Regierung und deshalb extrem stark reglementiert. Die Regierung in Peking hatte eigentlich gar kein Interesse zu dieser Zeit Unternehmen im Privatbesitz zu zulassen. Da Li Shufu aber ein glühender Fan von Mercedes-Benz war und auch noch heute ist, wollte er von seinem Vorhaben nicht ablassen und den ersten chinesischen Mercedes bauen.
Die erste Geely Fabrik baute LKWs
Er kaufte und zerlegte daraufhin eine Mercedes E-Klasse und ging zu FAW (First Automotive Works) um eine damalige Hongqi-Plattform, einen Motor und ein Getriebe zu kaufen. Da die Mercedes-Benz E-Klasse der damaligen Zeit und die Hongqis in Bezug auf Plattform und Größe ungefähr gleich waren, schuf Li Shufu sein erstes Geely-Fahrzeug mit dem Namen Geely Yi Hao oder Geely Number One. Die Karosserie bestand aus Glasfaser verstärktem Kunststoff. Mit dem dann gebauten Fahrzeug fuhr er in die nächst größere Stadt Taizhou und präsentierte dort sein erstes Fahrzeug den staunenden Bewohnern. Zudem schaltete er Anzeigen in der Taizhou Daily News und erhielt tatsächlich die ersten Bestellungen. Allerdings stellten sich bereits nach kurzer Zeit erhebliche qualitative Mängel heraus, die insbesondere durch die begrenzten Fertigungsmöglichkeiten für Autos in seiner Fabrik für Motorroller gegeben waren. Da er auch weiterhin keine Lizenz für die Herstellung von Autos besaß musste er sich also nach anderen Möglichkeiten umschauen. Durch Zufall hörte er, dass die in Deyang in der Sichuan Provinz ansässige Gefängnisfabrik für LKW nicht mehr in Betrieb war aber noch eine Produktionslizenz besaß.
Das erste Geely Serienfahrzeug war ein Daihatsu
Die Lastwagenfabrik des Deyang Gefängnisses wurde offiziell als Deyang No. 95 Fabrik bezeichnet. Sie produzierten Lastwagen seit den 1970er Jahren und speziell einen 5-Tonnen-Lkw basierend auf dem Dongfeng EQ140 mit dem Namen Dujiang DJ140. Li Shufu schloß also einen Vertrag mit dieser Gefängnisfabrik ab und investierte 24 Millionen RMB in die Fabrik. Damit hielt er 70% der Anteile und die Sichuan Geely Boyin Automotive Company wurde geboren. Nachdem der Gefängnisdirektor verstorben war, kaufte Li Shufu die restlichen 30% der Anteile und verlegte die komplette Fabrikausrüstung im März 1997 in eine von Ihm gekaufte Fabrikanlage in Linhai in der Zhejiang Provinz. Da er die Produktionslizenz trotz des Umzugs beibehalten konnte, war der Grundstein für den Start einer PKW Produktion endgültig gelegt. Eigentlich wollte Li Shufu schon damals Luxusautos bauen, aber er besann sich und beschloss kleine billige Autos zu bauen, die sich jeder Mann leisten konnte. Also begann er mit der Fertigung von Fahrzeugen auf Lizenzbasis des Daihatsu Charade und begründete so im Jahr 1998 das Imperium Geely.
Li Shufu und der Schachzug mit Volvo
Geely formte sich in den ersten Jahren zu einem veritablen chinesischen Autohersteller, der insbesondere Fahrzeuge im Kleinwagen und im Bereich der unteren Mittelklasse fertigte. Die Qualität der Fahrzeuge war okay, konnte aber keinesfalls an westliche Maßstäbe anknüpfen. Dafür waren die Autos günstig und somit für eine große Masse finanzierbar. Im Jahr 2003, also bereits 5 Jahre nach dem Start der PKW Produktion, rollte das 100.000 Fahrzeug in Linhai vom Band. Zudem gründete Li Shufu in den folgenden Jahren mit Emgrand eine Marke die zu 100% Fahrzeuge aus Eigenproduktion herstellte. Waren doch bis in die Mitte der 2000er Geely Fahrzeuge ausschließlich Lizenzprodukte, so war Emgrand die erste Geely Marke aus Eigenentwicklung. Im Jahr 2008 bekam Li Shufu dann Kenntnis davon, dass sich die Ford Motor Company wieder von der erst 1999 erworbenen schwedischen Automarke Volvo trennen wolle. Im Jahr 2010 kam es dann schließlich zum Vollzug und Geely übernahm Volvo zu 100%. Nach der Übernahme konnte Geely auch mit seinen Eigenmarken einen kräftigen Qualitätssprung hinlegen.
Qualität ist auch in China wichtig
Mit dem weiteren Wachstum der chinesischen Volkswirtschaft und den stetig steigenden Haushaltseinkommen wurde Qualität auch in China in den letzten Jahren zu einem wesentlichen Erfolgsfaktor. Geely Fahrzeuge erfüllen heute höchste Standards und mit der neuen SUV Marke Lynk & Co. laufen die Planungen für einen Markteintritt in Europa bereits auf Hochtouren. Das für Geely der Kauf von Volvo und der damit verbundene Know How Transfer eine wesentliche Rolle für einen Qualitätssprung gespielt hat, ist kaum zu übersehen. Geely gehört heute zu den chinesischen Global Playern der Automobilbranche. Zudem Li Shufu ist ein findiger und umtriebiger Geschäftsmann, der auch heute sein Ziel des ersten chinesischen Mercedes zu bauen, nicht aus den Augen verloren hat und deswegen nicht stehen bleiben wird. Die Frage zu Mercedes Benz wird er sich wohl selber in der Zukunft noch beantworten wollen, deswegen sollte es auch weiter spannend bleiben rund um Geely und die Person Li Shufu.